10. November 2022 - 15. Dezember 2022 | Kunst & Gesundheit - Leben mit Parkinson

Substantia Nigra

Friedrich Einhoff & Peter Sinapius
Ausstellung, Impulsvorträge und Gespräche auf Kränholm

Was haben Bilder oder gar therapeutische Angebote wie die Kunsttherapie, in der mit Bildern gearbeitet wird, mit einer Krankheit wie Morbus Parkinson zu tun? Einen Zusammenhang zwischen Parkinson und Musiktherapie kann man sich vorstellen - aber eine Verbindung zwischen Parkinson und bildender Kunst scheint nicht so offensichtlich zu sein. 
 
Das Projekt „Kunst und Gesundheit – Leben mit Parkinson“ verdankt sich der Zusammenarbeit verschiedener Partner aus Therapie, Kunstvermittlung und künstlerischer Praxis. In seinem Mittelpunkt steht eine Ausstellung bildnerischer Werke von Friedrich Einhoff und Peter Sinapius, die sich künstlerisch sowohl mit fundamentalen Fragen menschlicher Existenz als auch mit den konkreten Bedingungen und Herausforderungen einer Erkrankung wie Morbus Parkinson befassen. Sie sollen den Ausgangspunkt bilden für Impulsvorträge und Gespräche im Rahmen der Vernissage und der Finissage der Ausstellung. Dabei werden aus der Perspektive von Medizin, Psychologie, Philosophie und künstlerischer Praxis zentrale Fragen in Augenschein genommen, die mit der Krankheit „Morbus Parkinson“ verbunden sind.
 
 
Die Ausstellung stellt Beziehungen zwischen zwei künstlerischen Positionen her, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit Krankheit und Therapie beschäftigen. Friedrich Einhoff (1936 -2018) thematisiert in seinen figürlichen Arbeiten den versehrten Menschen und seine Leiderfahrungen. Peter Sinapius ( *1955) stellt in seinen Schwarz-Weiß-Grafiken solche Erfahrungen in den Kontext der Parkinson-Krankheit unter Zuhilfenahme historischen und diagnostischen Materials. Mit dem Ausstellungstitel „Substantia Nigra“ wird als Metapher ein medizinischer begriff gewählt, der in der Diagnostik von Morbus Parkinson eine Rolle spielt und in den ausgestellten Arbeiten als künstlerisches Ausdrucksmerkmal anschaulich wird.
 
10. November 2022, 19:30 Uhr
Kunst & Gesundheit
Vernissage, Impulsvortrag und Gespräch

 
15. Dezember 2022, 19:30
Leben mit Parkinson
Finissage, Impulsvortrag und Gespräch
 

 
Beteiligte:
Inga Harenborg, Kuratorin und Kunstvermittlerin der Stiftung Haus Kränholm
 
Katja Odin, Prof. Dr. med., Chefärztin der Abteilung Neurologie der Helios Albert- Schweitzer-Klinik, Northeim
 
Peter Sinapius, Prof. für Kunsttherapie und Bildender Künstler
 
 
Der Eintritt ist frei!
Bitte beachten Sie die aktuellen Coronabestimmungen
 
Veranstaltungsort:
Stiftung Haus Kränholm zur Förderung von Kunst und sozialer Kultur / Kunstcafé
Auf dem Hohen Ufer 35/ 35a
28759 Bremen
www.kraenholm.de
 
Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit dem Parkinsonnetz Bremen+
Informationen unter harenborg@kraenholm.de, Tel. 0172-8471718
 

 
BIOGRAPHISCHES

Friedrich Einhoff:
Einhoffs Werke in verschiedensten künstlerischen Techniken kreisen stets um das Bild des Menschen mit seinem ambivalenten und fragilen Wesen. Seine Figuren treten einzeln oder als Gruppen auf, ihre verfremdeten Gesichter verschmelzen mit der Umgebung. Momente der Auflösung. Die Umrisslinien der Figuren Einhoffs verlieren sich, die Körper sind von ihrer Umgebung nicht unterscheidbar. Sie bleiben präsent als Spur, wie ein ausgeblichenes Negativ oder unscharfes Foto. Indem Formen und Farben ineinander übergehen, lösen sich die Figuren in den Elementen Wasser und Erde auf. Der Kreislauf des Lebens schließt sich. Einhoff stellt das Menschsein in den Kontext der Naturelemente und thematisiert die Vergänglichkeit des Lebens.
In seinen frühen Werken stellt Friedrich Einhoff einzelne Figuren oder Gruppen während medizinischer Anwendungen und in Schwimmbecken dar. Es sind kompakte, teils schemenhafte Körper zu sehen, die im Moment des Badens und unter der Dusche stehend gezeigt werden. Die Interieurs sind nüchtern und kühl, auf wenige Details reduziert. Die Figuren verbinden sich mit dem sie umgebenden Wasser und wirken darin gefangen. Spielerisch sind die Figuren mit verschiedenen Gegenständen versehen, die sich mit ihren Körpern prothesenhaft verbinden. Einhoff deutet eine Ambivalenz an, die sich aus der Mensch-Objekt-Beziehung ergibt: Medizinische Geräte gleichen Defizite des menschlichen Körpers aus, aber gleichzeitig stiften sie ein Abhängigkeitsverhältnis, so dass der Mensch sich am Ende den Dingen unterwirft und beispielsweise zur Stockfigur wird.
In seinem späteren Werk ziehen sich die eindeutigen Züge der Figuren immer öfter zurück, lösen sich manchmal – biomorphe Prozesse suggerierend – sogar ganz auf. Nicht von ungefähr erinnern Ludwig Seyfarth „die immer stärker dominierenden Schlieren, Schatten und Abreibungen an Gemälde oder Fotografien, die Wasser-, Brand- oder andere Schäden erlitten haben“ (Katalogbuch „Dunkelkammer“). Immer wieder thematisiert er den versehrten Menschen und seine Leiderfahrungen.
Dabei experimentiert Friedrich Einhoff auch mit dem kleinen Format. In teils mikroskopisch wirkenden Nahaufnahmen entwickelt sich das Mal-Material in der Dunkelkammer des Künstlers zu geheimnisvollen, schrundigen Gebilden, in ihrem Fluss vom Autor im richtigen Moment fixiert. 
 
1936 Geboren in Magdeburg
1957-1962 Studium an der Hochschule für bildende Künste Hamburg bei
Alfred Mahlau und Willem Grimm
1978-1991 Professur für Malerei und Zeichnung an der Hochschule für
angewandte Wissenschaften Hamburg
1985 Berufung in die Freie Akademie der Künste Hamburg
2008  Plakette der Freien Akademie der Künste
2009  Hans-Platschek-Preis für Kunst und Schrift
Friedrich Einhoff stirbt 2018 in Hamburg
 
Ausstellungen (Auswahl)
1972 Zeichnungen, Wandrahm Museum Lüneburg
1976 Bonifatinsgalerie Hamburg
1978 Kunst im Betrieb, Hamburger Wasserwerke
1983  Galerie Hauptmann, Hamburg, (K)
1984  Galerie Rolf Ohse, Bremen
1986  Galerie Hauptmann, Hamburg (1985, 1990, 1996)
Galerie Rolf Ohse, Bremen (1989, 2004)
1987  Foro de Arte Contemporáneo, Mexico-City
Freie Akademie der Künste in Hamburg
1989  Kunstverein Kehdingen
 Forum Internationale Kunstmesse
Galerie Hauptmann, Hamburg (K)
1990  Galerie pro arte, Freiburg (1995, 2002, 2007)
1991  Kunstverein Springhornhof, Neuenkirchen Galerie Philippe de Hesdin, Paris
1995  Galerie pro arte, Freiburg
Künstlerhaus, Hamburg e.V., Weidenallee Hamburg
1996  Galerie tammen & busch, Berlin
1997  "Gezeichnetes. Arbeiten von 1995-97", Marburger Kunstverein
2000 "Personenregister", Künstlervereinigung Dachau
Galerie Levy, Hamburg (2006)
2002 "Friedrich Einhoff. Bilder und Zeichnungen", Freie Akademie der Künste, Hamburg
2004 Galerie Ralf Ohse, Bremen (K)
2009  Kunsthaus Hamburg
Art Karlsruhe (Sonderschau anlässlich des Hans-Platschek-Preises)
Galerie Marie-José van de Loo, München
2010  Galerie Willy Schoots, International modern and contemporary
Art, Eindhoven, Holland
2012  Galerie Levy, Hamburg (K)
2013  Galerie van de Loo Projekte, München
2014  Griffelkunst, Hamburg
2015  Galerie pro arte, Freiburg
Stadtgalerie im Elbeforum, Brunsbüttel
2016  LEVY Galerie, Hamburg
2017  Hauptkirche St. Katharinen, Hamburg (zusammen mit Jan Koblasa)
Galerie Ohse, Bremen
2018  Westwendischer Kunstverein, Zehntspeicher, Gartow
2019  Hamburger Kunsthalle
Felix-Nussbaum-Haus, Museumsquartier Osnabrück


Peter Sinapius:
Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören u.a. die Philosophie der Künstlerischen Therapien sowie die Intermedialität und Performativität der therapeutischen Praxis. Zuletzt erschienen: Behfeld, M.; Sinapius, P. (2021): Handbuch Künstlerischer Therapien: Kritik und Philosophie der therapeutischen Praxis. Verlag Vandenhoeck & Ruprecht. 


Prof. Peter Sinapius PhD. war von 2012 bis 2021 Professor für Intermediale Kunsttherapie an der MSH Medical School Hamburg und zuvor Professor für Kunsttherapie und Malerei an der Hochschule für Künste im Sozialen (HKS) Ottersberg. Mitglied des Deutschen Fachverbands für Kunst- und Gestalttherapie (DFKGT) Intermediäre Kunsttherapie. 
 
2012-2020 Mitglied der Geschäftsführung des International Institute for Subjektive Experience and Research (ISER).

2012-2016 Mitglied der Fakultät Arts, Health and Society der European Graduate School (EGS)
2007-2011 Advanced Graduate Studies in Expressive Arts: Therapy, Education and Consulting an der European Graduate School (EGS) | Promotion zum Thema: Ästhetik therapeutischer Beziehungen – Therapie als ästhetische Praxis (Prädikat: summa cum laude)
 
1993-2003 Künstlerische und kunsttherapeutische Praxis in Wiesbaden;
Schwerpunkt: Kunsttherapie mit Kindern und Jugendlichen/ künstlerische Projekte im öffentlichen Raum.

1984 - 1991 Studium der Malerei an der Hochschule für bildende Künste (HbK) Kassel und dem San Francisco Art Institute / Stipendiat der Hans-Böckler-Stiftung.


Funktionen und Mitarbeit in wissenschaftlichen Gremien und Organisationen:
Seit 2019 Mitglied des Editorial Board des Journal of Arts Therapies – Journal of Art-, Music-, Dance-, Drama- and Poetry-Therapy der Wissenschaftliche Fachgesellschaft für Künstlerische Therapien.

Seit 2015 Mitglied des Editorial Board des „Croatian Review of Rehabilitation Research“

2012 – 2020 Geschäftsführungsmitglied des „Institute for Subjective Experience and
Research“ (ISER)
 
Seit 2011 Mitglied des Editorial and Advisory Board des „Journal of Applied Arts and Health“ (UK/ USA)

Seit 2010 Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates der „Internationalen Zeitschrift für Philosophie und Psychosomatik“ (izpp)
 
2007 – 2020 Herausgeber der Reihe „Wissenschaftliche Grundlagen der Künstlerischen Therapien“

2005 – 2012 Leitung des Instituts für Kunsttherapie und Forschung der Hochschule für Künste im Sozialen, Ottersberg

Projekte, Publikationen, Bücher, Medien/ Presse siehe https://www.petersinapius.de